2024-12-12 Schenk doch mal Anders!

In den Tagen nach Weihnachten wird in den Kaufhäusern überproportional viel umgetauscht. Man schenkt, was das Zeug hält – doch nicht immer macht es den Beschenkten so glücklich, wie man es sich und ihm wünscht. Abgesehen davon kostet das ganze Geschenkezinnober auch noch einen Haufen Geld und macht Müll. Wir haben euch ein paar Impulse zusammengestellt, wie ihr mal ganz anders schenken könnt. Persönlich, nachhaltig und meist auch noch kostengünstig.

🎁1. Der Klassiker: Wichtelt doch mal!
Mittlerweile ist es in vielen Familien Tradition: Statt dass jeder jedem etwas schenkt, wird ausgelost, wer wen beschenkt. So schenkt jede Person nur ein Geschenk und bekommt auch nur von einer Person etwas geschenkt. Spaß macht vor allem, nach dem Auspacken zu raten, wer der eigene Wichtel war. 😊 Wichteln eignet sich vor allem für etwas größere Gruppen ab ca. 6 Personen ohne jüngere Kinder.

💌2. Schenke persönlich.
Ein handgeschriebener Brief oder ein Gedicht, in dem du der beschenkten Person Wertschätzung entgegenbringst, ist ein Geschenk, das für immer aufbewahrt wird. Ein Fotoalbum oder Scrapbook mit vielen gemeinsamen Erinnerungen könnt ihr immer wieder gemeinsam ansehen und in den guten alten Zeiten schwelgen.

🚙3. Schenke Zeit statt Dinge.
Fahre mit deinen Patenkindern in ein tolles Schwimmbad. Mache eine Wanderung mit deiner Schwester und organisiere ein Picknick. Macht einen Tagesausflug in eine größere Stadt und geht in ein spannendes Museum. Diese Dinge lassen sich gut als Gutscheine schenken, die du mit Liebe gestalten kannst.

🧑‍🍳4. Kannst du etwas besonders gut?
Wenn du gut kochen kannst, lade deine Freunde zu einem gemütlichen gemeinsamen Kochen ein. Bist du handwerklich begabt, dann biete deine Hilfe an, wenn jemand umzieht oder schreinere ein tolles Regal. Wenn du gerne malst, male ein Bild, das eine Bedeutung für dich hat.

❤️5. Tut etwas Gutes!
Vielleicht möchtet ihr einfach gemeinsam Raclette essen und euch gar nichts schenken. Arbeitet eine/r von euch ehrenamtlich bei einer lokalen Einrichtung, die sich für Menschen in Not einsetzt? Vielleicht habt ihr Lust, gemeinsam einen Betrag dorthin zu spenden oder ein paar Zeitstunden dort zu verbringen – einen Jugendraum ausbauen, eine Scheune zu renovieren, einen Kleiderverkauf zu betreuen? Das ist die wohl christlichste Art zu schenken.

Was schenkt ihr gerne und über was würdet ihr euch freuen?
Habt ihr weitere Anregungen, wie man weniger materiell schenken kann?
Schreibt es gerne in die Kommentare.

2024-12-05 Bring Deine Augen wieder zum Leuchten

🎁„Weihnachten war letztes Jahr einfach perfekt!“ schwärmt mir mein Zehnjähriger vor. „So tolle Geschenke, so viel Besuch, es war die ganze Zeit etwas los und es war nie langweilig!“
🍪„Am besten war das Backen,“ meint die Siebenjährige. „Fünf Sorten Plätzchen haben wir zu Hause gebacken und nochmal drei Sorten bei Oma!! Dieses Jahr will ich mindestens 20 verschiedene Sorten haben!“
🎅„Ich habe den Weihnachtsmann gesehen,“ behauptet felsenfest der Dreijährige. „Den echten! Und dieses Jahr darf ich mit ihm zusammen die Geschenke verteilen. Hat er gesagt. Ehrlich wahr.“

Sechs Augen funkeln mich an. Nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Die Vorfreude ist riesig und wie jedes Jahr werde ich fast ein bisschen betreten, weil ich so viel weniger davon spüre.

Ich erinnere mich an Weihnachten als Kind. Es war gigantisch. Der Baum war riesig, bestimmt größer als das ganze Haus! Es gab Geschenke, mehr als ich zählen konnte (wenn ich meine Eltern frage, waren es gar nicht so furchtbar viele). Die Weihnachtszeit war magisch und besonders und einfach wundervoll.

Eltern können sich zuweilen mitreißen lassen. Leuchtende Kinderaugen sind ansteckender als es Covid jemals war – man kann sich kaum verwehren. Aber was tun, wenn man nicht (mehr) mit Kindern zusammenlebt?
Nun, wir alle haben ein Kind in uns. Das Kind, das wir einmal waren, das ist da noch. Und wir dürfen ihm getrost hin und wieder das Ruder übergeben und hinschauen, worauf es uns aufmerksam macht.

🍪Triff Dich mit Freunden, und backt zusammen Plätzchen!
🫏Die Krippe auf dem Weihnachtsmarkt hat einen Streichelzoo? Kauf Futter und gib den Ziegen etwas. Auch wenn du 70 bist.
🎁Der Lego-Adventskalender sieht super gut aus? Heute kannst du ihn dir einfach kaufen, tu es!
🎄Das Plastiklametta am Weihnachtsbaum im Supermarkt glitzert so schön? Schau es an. Mach ein Foto. Fühle mal, wie sich das Lametta zwischen deinen Fingern anfühlt. (Vorteil: Als Erwachsener kommt da keine nervige Stimme aus dem Hintergrund, die dir erklärt, dass man das nicht anfassen darf.)
🍪Die Bäckerei verkauft Tüten mit Weihnachtsplätzchen? Kauf dir eine und iss die ganze Tüte noch im Auto leer, wenn du Lust darauf hast!
🎄Schmücke deinen Christbaum so, wie du ihn liebst. Rotgold wie jedes Jahr, wenn du möchtest. Oder knallbunt. Warum? Ganz einfach: Weil du es kannst.

Mach dir ein Weihnachten, das du liebst. Mach dir DEIN Weihnachten.

2024-11-28 Was ist uns die Weihnachtszeit wert?

In drei Tagen ist der erste Advent. Du sitzt im Auto, im Radio kommt Last Christmas. Freudig drehst du lauter und trommelst mit den Fingern den Rhythmus am Lenkrad mit. Die Kinder wollen heute Abend noch mit dir backen, deshalb fährst du nach der Arbeit noch zum Supermarkt und holst bunte Zuckerstreusel. Und die Adventskalender bestückst du dann auch noch, wenn die Kids später im Bett sind. Mitte Dezember ist die Weihnachtsfeier im Geschäft, dafür willst du morgen einen Tisch reservieren. Auf die Feier freust du dich natürlich schon seit Wochen, fast noch mehr als auf den 5-Euro-Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Und dann erst das Geschenkeshoppen in überfüllten Einkaufszentren!

Klingt abwegig? Ist Absicht.

Die meisten Menschen in christlich geprägten Kulturen würden durchaus von sich sagen, dass sie die Weihnachtszeit mögen. Es hat schon was Gemütliches, sich bei Mistwetter zu Hause einzukuscheln, zu backen, mit Freunden zu kochen, Weihnachtsfeiern zu besuchen.
Die organisatorische Kehrseite gibt es allerdings auch.

Weihnachten ist seit vielen Jahrzehnten ein Fest des Konsums, die Adventszeit ist voller Termine – kurz: Weihnachten ist oft stressig. Der Weihnachtsurlaub ist für viele Menschen bitter nötig, um sich davon ein bisschen zu erholen. Ist das im Sinne des Erfinders? Sicherlich nicht. Wir wissen das und wir sprechen seit Jahren über minimalistisches Weihnachten – weniger Geschenke, weniger Druck, mehr Zeit für unsere Lieben, mehr Besinnlichkeit.

Wir haben uns in den letzten beiden Posts damit befasst, dass wir identifizieren sollten, was uns wichtig ist. Was uns WERTVOLL ist. Dazu gehört auch, einmal ganz nüchtern Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen, gerne am Beispiel der kommenden Adventszeit! Backen mit Kindern macht Spaß, ja. Und wenn man das anschließende Aufräumen und das Aufwischen einer Million heruntergefallender Zuckerstreusel mit einem Lächeln auf den Lippen macht, ist alles wunderbar. Wenn man aber feststellen sollte, dass man im Grunde nur aus Routine oder irgendwelchen Glaubenssätzen heraus einer Weihnachtstradition folgt, die einen gar nicht so glücklich macht, dann gibt es eine ganz ausgezeichnete Alternative:
Gekaufte Weihnachtsplätzchen. Die dritte Weihnachtsfeier sausen lassen. Last Christmas ausschalten und stattdessen übertrieben laut ACDCs „Highway to hell“ hören.

Weihnachten ist ein Fest für uns Menschen. Und so dürfen wir es auch feiern. Menschlich, authentisch und exakt so, dass WIR uns wohl damit fühlen.

Was ist euch wichtig in der Weihnachtszeit? Was macht euch glücklich, worauf würdet ihr nicht verzichten wollen?

2024-11-21 Was ist wichtig?

Ein neuer Fernseher.
Zwei Wochen Urlaub mit der Familie.
Der Porsche.
Weihnachtsbacken.
Ein Waldspaziergang.
Ein guter Tropfen Wein.

Ich habe hier Dinge aufgelistet, die viele Menschen mögen und die vielen Menschen wichtig sind. Vielleicht überkommt dich ein wohliges Gefühl bei einem dieser Punkte, während andere dich relativ kalt lassen oder du sie sogar mit Befremden gelesen hast.
Manche Dinge haben einen Wert für dich, sind wertvoll. Andere nicht.

Aber woher weißt du eigentlich, was wertvoll für dich ist? Wie entscheidest du, wofür du Geld ausgibst oder welchen Dingen du kostbare Zeit widmest?

Fragen kannst du niemanden, denn:
Niemand außer dir selbst kann darüber urteilen, ob das, was dir wichtig ist, wertvoll ist. Was für dich einen Wert hat, ist letztlich also frei von Bewertung von außen. Nur du selbst hast die Verantwortung, deinen Dingen einen Wert zuzuschreiben. Das passiert oft ganz automatisch. Manchmal aber glauben wir auch nur, dass uns Dinge wertvoll sind. Sei es aus Routine oder weil wir eben doch Fremdbewertungen mehr trauen als uns selbst.

Genau das macht es so sinnvoll, ab und an innezuhalten und abzugleichen, ob ich hier noch „auf Kurs“ bin.
Welches Bedürfnis erfülle ich mir mit einer Sache? Hat das, wofür ich Zeit oder Geld einsetze, einen Wert für mich? Gibt es Dinge, die mir eigentlich wichtiger sind?

Die Antworten auf diese Fragen sind wertvolle Wegweiser, denen ich vertrauen sollte.

2024-11-14 Zeit ist Geld

Wocheneinkauf für die Familie, 220€.
Geburtstagsgeschenk für die Freundin, 20 €.
Hundefutter, 60€.
Ein paar Chrysanthemen für den Balkon, 40€.
Eine neue Regenjacke für den Kleinen online bestellt, 30€.

Wir verdienen Geld und wir geben Geld aus. Viele Menschen beklagen sich über gestiegene Preise. Urlaub, Benzin, Mietpreise, Lebensmittel – das alles ist teuer geworden. Gestiegene Preise erhöhen den Wert unserer Zeit, denn Zeit ist Geld, weiß man ja.

Wir können natürlich versuchen, immer effizienter unsere Jobs zu machen, unseren Haushalt teilweise von Saugrobotern übernehmen zu lassen, Termine zusammenzulegen, um Zeit zu sparen. Die gewonnene Zeit können wir nutzen, um mehr Geld zu verdienen und damit unsere Rechnungen zu bezahlen und unseren Standard halten zu können. Es lebe das Bruttoinlandsprodukt.

Oder wir denken andersherum: Wir kaufen uns Zeit. Wir leisten uns eine Haushaltshilfe, wir lassen uns Samstagmittag das Essen liefern, wir bezahlen einen Babysitter und gewinnen dadurch Zeit, die wir für all das nutzen können, womit sich eben KEIN Geld verdienen lässt.
Ein Ausflug. Ein gutes Buch. Ein heißes Bad. Ein Herbstspaziergang mit der Familie. Ein Kaffee mit dem Nachbarn.

Dafür müssen wir an irgendeiner Stelle verzichten, ja. Aber glückliche Momente zu erleben hat ein unglaubliches Potenzial. Und vielleicht merken wir sehr schnell, dass mehr Zeit uns viel mehr wert ist als wir gedacht hätten.

Tauscht ihr manchmal bewusst Geld gegen Zeit ein?

2024-11-07 Es geht nicht weil

Eine Haushaltshilfe engagieren?
Das geht nicht, weil ich sowieso niemanden finde, der das genauso gut macht wie ich.

Regional und saisonal einkaufen?
Das geht nicht, weil das viel zu teuer ist!

Weniger arbeiten?
Das geht nicht, weil das sonst nicht klappt mit dem nächsten Karriereschritt.

Den Rasen einfach erst nächste Woche mähen?
Das geht nicht – weil … ja was sollen denn die Nachbarn denken??

Die Stelle mit zwei Teilzeitkräften besetzen?
Das geht nicht, weil das immer eine Stelle für eine Vollzeitkraft war!

Einmal pro Woche mit meinem Partner ausgehen?
Das geht nicht, weil wir sowieso keinen Babysitter finden.

Das Geschenk für die Schwiegermutter vom Partner aussuchen lassen?
Das geht nicht, weil der das sowieso falsch macht.

Den Elternabend sausen lassen, nur weil man krank ist?
Das geht nicht, weil die Lehrkräfte sonst denken, wir seien eine asoziale und desinteressierte Familie.

Die Weihnachtskarten dieses Jahr einfach weglassen?
Das geht nicht, weil mein Umsatz 2025 sonst hundertprozentig einbricht.

Ganz schön viel geht nicht. Aber für ganz schön viele „Geht-nicht“s lassen sich „Geht-ja-doch“s finden, wenn wir einen Moment lang weiterdenken. Ein bisschen Lösungsorientierung zulassen. Und kurz hinterfragen, was unser tatsächliches Problem ist.
Drehen wir die Aussage also einfach mal um, wenn uns eins der Dinge da oben wichtig ist.
Es geht nicht weil…. – dreht sich dann um in – Was muss ich tun damit…
Probiert es aus!

2024-11-07 Allerheiligen

„Morgen ist Allerheiligen“, sage ich zu meinem Mann.
„Was ist Allaschneiligen?“ kräht mein Dreijähriger.
„Schulfrei ist das!“ ruft meine Siebenjährige lachend.
„Neee, da muss man zum Friedhof und Kerzen anzünden.“ belehrt mein Zehnjähriger seine Geschwister.

Ich google das kurz. Allerheiligen ist irgendwie katholisch und hat mit Gedenken an Verstorbene zu tun, so viel weiß ich.

Falls auch ihr euch ein bisschen unsicher seid, hier kurz etwas Theorie:
Allerheiligen ist ein christlicher Feiertag, der vor allem in der katholischen Tradition von Bedeutung ist. Die katholische Kirche hat unzählige Heilige, deshalb wurde irgendwann im 4. oder 5. Jahrhundert entschieden, ihrer gebündelt zu gedenken. Der 1. November wurde als fixer Termin etwas später eingeführt. Viele Protestanten lehnen die katholische Praxis der Heiligenverehrung ab. Für nicht gläubige Menschen hat der Feiertag ohnehin keine Bedeutung.

Ein Wahrnehmen dieses besonderen Tages kann sich meiner Ansicht nach für alle Menschen lohnen, ganz gleich welchen Glaubens. Im religiösen Kontext wird Heiligkeit zwar als Zustand der Trennung von profanen (weltlichen) Dingen betrachtet, hat aber schon lange auch einen kulturellen Kontext. Der Begriff „heilig“ hat ein Erbe, das sich über verschiedene Epochen und Traditionen erstreckt. Es hat seine Wurzeln in den (indo-)germanischen Wörtern „hailagaz“ und „kael“, was „vollständig“ oder „unversehrt“ bedeutet. „Heilig“ wird heute auch metaphorisch verwendet, um Dinge von herausragender Bedeutung oder außergewöhnlicher Wertschätzung zu beschreiben.

Daraus folgt: Was einem heilig ist, bestimmt man selbst. Es können ganz greifbare religiöse Figuren oder Symbole sein, genauso ist auch möglich, dass man Freundschaften, bestimmte Ruhezeiten oder seinen Garten als heilig bezeichnet.
Und deshalb kann der Feiertag Allerheiligen für uns alle eine Erinnerung daran sein, uns Zeit zu nehmen für die Personen und Dinge, die uns wichtig – ja, heilig – sind. Wir können innehalten, uns entschleunigen, Dankbarkeit fühlen, unsere Prioritäten überprüfen. Oder wir können einen Gottesdienst und den Friedhof besuchen und unserer Verstorbenen gedenken.

Christliche Feiertage sind immer ein Angebot. Ob und in welcher Form wir es annehmen, liegt an uns.


Wie verbringt ihr Feiertage? Welche Bedeutung haben sie für euch? Denkt ihr darüber nach, was da gefeiert wird oder genießt ihr – was ebenfalls völlig ok ist – einfach den freien Tag?

2024-10-31 Halloween

Interessiert schaut unser 92-jähriger Nachbar über den Gartenzaun hinüber auf die andere Straßenseite. Dort stehen meine drei Kinder. Der Neunjährige trägt einen schwarzen Umhang, hat ein weiß geschminktes Gesicht und behält mit etwas Mühe gerade so sein Vampirgebiss im Mund. Meine Sechsjährige hopst mit wehenden Fledermausflügeln in einem Kreis um ihren kleinen Bruder herum. Jakob ist zweieinhalb Jahre alt und steckt von Kopf bis Fuß in einem Dinosaurierkostüm. Alles andere war ihm zu unheimlich, aber er wollte dabei sein.

„Hallo, Wolfgang,“ grüße ich unseren Nachbarn.
„Ach, Britta, hallo! Jetzt hab ich die drei ja fast nicht erkannt! Ist denn schon Fasching?“ sagt er mit einem Augenzwinkern.
Empört erklärt meine Sechsjährige: „Neeeein, es ist doch Halloween!! Als was gehst du?“
„Wir feiern kein Halloween. Aber wir haben was Süßes für euch!“
Mit schokoladenverschmierten Mündern und zufriedenem Lächeln kommen die drei wieder aus dem Haus unserer Nachbarn heraus und laufen weiter die Straße hinunter. Vor dem nächsten Haus hängt ein Schild. „KLINGELN ZWECKLOS, HIER GIBT ES NICHTS.“
Mist, zu spät. Der Zweijährige interessiert sich wenig für Schilder. Er hat schon geklingelt. Wütend wird die Tür geöffnet. „Könnt ihr nicht lesen? Verschwindet mit eurem amerikanischen Mist!“
Der Neunjährige murmelt eine Entschuldigung und schiebt seine Geschwister schnell aus der Hofeinfahrt raus.

Das ist wirklich passiert, letztes Jahr an Halloween.
Es ist für mich jedes Jahr aufs Neue verblüffend, wie sehr selbst ein Fest wie Halloween die Gemüter erhitzen kann. Nein, auch ich käme von allein nicht darauf, Halloween zu feiern. Und auch heute dekoriere ich mein Haus nicht mit Geistern und Skeletten. Meine Kinder lieben Halloween allerdings. Ein weiteres Fest im Jahr, zu einer Jahreszeit, die oft recht trüb ist. Durch die Straßen ziehen, Freunde treffen, Gemeinschaft spüren, Spaß haben.

Versteht mich nicht falsch – ich finde es selbstverständlich absolut in Ordnung, wenn jemand diese in Deutschland noch recht neue Tradition nicht mitmachen möchte. Aber gleichzeitig denke ich, Halloween könnte eine Begegnungsmöglichkeit zwischen Alt und Jung sein. Eine Gelegenheit, in Kontakt zu treten und sich für die Feste der jungen Generation zu interessieren. Ihre Begeisterung zu spüren und sich vielleicht sogar ein bisschen mitreißen zu lassen. Wie lustig könnte es sein, beim nächsten Klingeln am Halloweenabend mal mit Bettlaken über dem Kopf die Tür zu öffnen und sich an den staunenden Kinderaugen zu erfreuen (zwei Augenlöcher helfen)?

Wir Eltern sollten mit unseren Kindern aber ebenfalls darüber sprechen, dass Halloween freiwillig ist und es vielleicht auch schönere Möglichkeiten gibt als „Süßes, sonst gibt’s Saures“ zu brüllen. Und es sollte akzeptiert werden, wenn da ein Schild an der Tür hängt, auf dem darum gebeten wird, nicht zu klingeln. Dieses Jahr werde ich versuchen, den jetzt dreijährigen Dinosaurier im Zaum zu halten, versprochen!

2024-10-25 Den Wald vor lauter Bäumen nicht …

Ich bin gerade in der Hochphase eines Projekts. Es läuft gut! Ich habe alles im Griff. Ich weiß, wo es lang geht. Heute musste ich länger als geplant arbeiten, ok, aber gestern lief alles nach Plan. Oder vorgestern. Vielleicht ist es auch schon länger her. Aber ich habe alles im Griff. Ich weiß den Weg. Also ich glaube, dass ich den Weg weiß. Hier geht’s links. So halblinks irgendwie, glaube ich. Ich schaue mal nach dem Stand der Sonne. Der Himmel ist bedeckt, blöd. Vielleicht geht’s auch rechts? Nein, unmöglich. Ich weiß doch die Richtung! Wie viel Uhr ist es eigentlich? Ich muss über das eine Thema endlich mal nachdenken. Ich hab da doch eine Lösung im Kopf gehabt, die scheint jetzt aber doch nicht ganz so zu klappen… Weiß mein Chef eigentlich davon? Ohje. Was sagen die Zahlen? Die Ziffern verschwimmen vor meinen Augen.
Ich. Weiß. Nicht. Mehr. Weiter.

Ich behaupte, wir kennen das alle. Jeder von uns manövriert sich von Zeit zu Zeit in eine Situation, in der er feststeckt. Nicht weiterkommt. In der er den sprichwörtlichen Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Das fühlt sich ätzend an und kaum einer möchte sich so fühlen.

Lässt es sich verhindern?
Nun, seien wir ehrlich: Nein. Nicht sofort und nicht immer. Denn um das zu können – rechtzeitig genügend Abstand zu einer Situation herzustellen – sind drei Dinge nötig:

1. Du musst schon einmal „dringesteckt“ haben. Klingt doof, ist aber so. Du musst erlebt haben, wie es ist, wenn du den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst.
2. Du musst wieder rausgefunden haben. Denn wenn du noch drinsteckst, geht Punkt 3 nicht, der lautet:
3. Du musst reflektiert haben, welche Trigger es waren, die dich den Überblick haben verlieren lassen. Und das können ganz unterschiedliche Trigger sein.
Es gibt also durchaus etwas, dass du tun kannst!

Du kannst dir für Punkt 2 und 3 Unterstützung holen. Jemanden, der mit dir gemeinsam ein paar Schritte rückwärts geht, bis du so viel Abstand hast, dass du rechtzeitig anders abbiegen kannst. Jemanden, der mit dir die Fragen klärt:
Wo bin ich? Wo will ich hin? Und was muss ich tun, um dort hinzugelangen?

So kannst du es schaffen, beim nächsten Mal achtsam und fokussiert auf deinem Weg zu bleiben und den Wald in all seiner Schönheit sehen zu können.

Wir können dir dabei helfen. 

2024-10-17 Dankbarkeit ist Heilkraft

Wir haben uns in den letzten Wochen viel mit dem Thema Dankbarkeit auseinandergesetzt.
Einen sehr wichtigen Faktor haben wir bisher nur kurz erwähnt und möchten ihn heute noch ein wenig ausführen:

Dankbarkeit hat das Potenzial zur Heilkraft gegen die aktuelle Abwärtsspirale negativer
Gedanken und gegenseitiger Anfeindungen. Dankbarkeit heilt. Nicht nur den einzelnen
Menschen, sondern eine ganze Gesellschaft, denn Dankbarkeit potenziert sich, sobald wir unsere Mitmenschen daran teilhaben lassen. Mit jeder Person, die sich Zeit dafür nimmt, dankbar zu sein, wird unsere Gesellschaft ein kleines bisschen milder, liebevoller, gutmütiger, großherziger. Und diese Gefühle, diese Einstellungen sind es, die uns durch Krisen bringen können.
Sie sind es, was wir jetzt brauchen.

Deshalb sollten wir uns auch und gerade in schweren Zeiten Inseln schaffen, kleine Dinge feiern, uns nähren und Kraft sammeln für die Momente, in denen wir sie brauchen. In Dankbarkeit können wir Verbindung schaffen, zuhören und zeigen: „Wir sind eine Gemeinschaft, du bist mir wichtig.“ Dafür gibt es unzählige und ganz individuelle Möglichkeiten.

Wir sollten, nein – wir müssen! – uns gerade im Hinblick auf die aktuelle gesellschaftliche
Situation stark machen gegen die Verführung einfacher Lösungen.
Dankbarkeit kann uns dabei helfen.

Danke für eure Zeit. Danke, dass ihr bis hierhin gelesen habt.

Diese Gedanken sind entstanden in einem Gespräch zwischen Pfr. Christiane Weis-Fersterra, Pfr. Rolf Fersterra, Hans-Martin Souchon und Britta Blos. Wir danken noch einmal für den spannenden Vormittag!